Konferenzbesuche mit Kindern

Man muss es müssen, oder es wollen

Mutter, drei Kinder im Kindergarten bzw. Grundschulalter, entfristet

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Puh, Konferenzteilnahmen mit Kindern? Das muss man müssen (etwa weil man alleinerziehend oder alleine für die Kinderbetreuung zuständig ist oder eine Konferenzteilnahme sonst nicht möglich wäre). Oder man muss es wollen. Bisher wollte ich nicht und ich musste auch nicht. Ich erlebe schon einen Urlaub mit Kindern als Herausforderung – und das, obwohl meine (ja, sehr aktiven) Kinder im Urlaub unsere ungeteilte Aufmerksamkeit haben. Wie soll das gehen, wenn ich eigentlich auch noch arbeiten will? Ferienwohnungen (oder Hotels) sind oft nicht kinderfreundlich, es gibt kaum Spielsachen, dafür viel, das kaputt gehen kann. In der Umgebung kenne ich mich oft nicht aus (und habe wenig Zeit zur Erkundung). Ich weiß also nicht, wo die guten Spielplätze und Freizeitangebote sind. Wenn es bei Konferenzen vor Ort eine organisierte Kinderbetreuung gibt, kennen meine Kinder die Betreuungspersonen nicht (was eine Hürde bei sehr kleinen Kindern ist) und die Betreuungszeiten sind oft stark begrenzt. Eine Konferenzteilnahme mit Kindern geht dann wohl eher auf Kosten des Partners/der Partnerin oder anderer mitreisender Babysitter:innen, die die Betreuungsaufgaben schultern müssen. Diese wollen dann nachmittags, spätestens abends (sehr berechtigt!) abgelöst werden – wenn ich eigentlich noch Zeit zum socializing brauche. Die Folge: Ich bin unzufrieden, meine Familie ist unzufrieden. Der Anreizwert eines derartigen Unterfangens für uns bisher? Null. 

Ich habe die privilegierte Situation, dass ich meine Kinder nicht alleine betreue. Thank God. Seitdem ich Kinder habe, denke ich aber anders über Konferenzen nach: Denn diese sind plötzlich Inseln der Selbstwirksamkeit. Zeit für mich, in der ich allein bestimmen kann, wo und wie ich meine Zeit verbringe. Ich kann mich dann voll und ganz auf meine Arbeit konzentrieren, Vorträge hören, Poster lesen, mich endlich wieder mit Kolleg:innen treffen, die ich viel zu lange nicht mehr gesehen habe, neue Forschungsideen entwickeln und Kooperationen voranbringen. Ich kann durchschlafen, morgens früh oder spät aufstehen und abends früh oder spät ins Bett gehen. Seitdem haben Konferenzen, man mag es glauben oder nicht, einen beträchtlichen Erholungswert für mich. Unter anderem übrigens auch deswegen, weil ich innerhalb kürzester Zeit meine Kinder vermisse und mich auf zuhause freue. Davon inspiriert, haben wir in unserer Familie seit fast zwei Jahren das Konzept der “Solo-Wochenenden” etabliert: Drei bis vier Wochenenden pro Jahr, an dem man alleine (heißt: ohne Kinder, aber gerne mit Freund:innen) unterwegs ist. Und das für jeden Elternteil. Muss auch keine Konferenz sein, geht auch einfach privat. Der/die andere Partner/in schultert derweil die Kinderbetreuung zuhause, in der gewohnten Umgebung mit allen Heimvorteilen (Spielsachen, Freunde, Babysitter:innen, etc.). Probiert es aus, ich kann das nur empfehlen.

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