Auslandsaufenthalte mit Kindern

Auf jeden Fall machen!

Mutter eines Kindes, 19 Monate, Qualifikationsphase

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Auslandsreisen müssen keine große Sache sein, können relativ spontan geplant werden und bedürfen keiner großen Aufregung? Das mag zutreffen, wenn man ohne Kind reist, Kontakt zur Kooperationsuniversität hat oder schon einmal länger im Ausland war. Ich bin das alles ziemlich naiv angegangen und das war nicht besonders hilfreich. Hinzu kam der Punkt, dass meine Tochter mit musste, weil mein Partner in meinem präferierten Zeitraum voraussichtlich beruflich eingebunden sein würde.

Die Idee: Natürlich wollte ich immer mal ins Ausland, aber weiß ich nicht mehr, wann es so richtig spezifisch geworden ist. Da wäre auf jeden Fall noch viel Zeit gewesen. Ich hatte diese Forschungsgruppe gesehen, die total coole Sachen macht und dachte, das sei „die Chance”. Zu Hause bin ich auf überraschend bedingungslose Unterstützung gestoßen, also galt es nur noch, die Idee auf der Arbeit zu besprechen und zu organisieren. Ich fasse die folgenden vielen Monate zusammen mit „Pläne funktionieren nicht immer so, wie man will – vor allem nicht mit Kind“. Es war am Ende alles ziemlich stressig und trotzdem würde ich es definitiv wiederholen wollen. Der Zeitraum, in dem ich fahren wollte, war durch den Ablauf meiner Diss und private Termine festgelegt und rückte immer näher,  ohne dass die Organisationsaufgaben sichtlich weniger wurden. Was wahrscheinlich auch daher kam, dass ich eben nicht nur meine Wünsche berücksichtigen musste, sondern auch die von Vater, Kind und der Betreuungsperson.

Die Finanzierung: Ich hatte die großartige Option, von meiner Uni finanziell unterstützt zu werden, nachdem klar war, dass eine externe Finanzierung keine Option war. Aber Vorsicht: Verwaltungsstellen sind sich manchmal nicht bewusst, wie wenig wissenschaftliche Angestellte über die Abläufe wissen. Wer Teile der Kosten als Dienstreise abrechnen darf, investiert lieber früh in Treffen mit den zuständigen Stellen, um alle Eventualitäten abzuklären. Die Unis dürfen Betreuungspersonen keine Kosten erstatten, dem Kind natürlich auch nicht. Natürlich möchte man aber auch nicht der Person, die die ganze Zeit das eigene Kind hütet, auch noch die finanzielle Last von Flug, Kost und Logis auferlegen. Und die Reise- und Unterkunftskosten vollständig selbst zu tragen, war in meinem Fall auch keine Option. Daher der Zeitfaktor: der DAAD bietet mehrmals im Jahr Förderungen für solche Reisen inklusive Kinderbetreuungskosten an – das klang zumindest online nach einer extrem attraktiven Option. Für mich war eine Förderung durch den DAAD leider unmöglich. Die Fristen sind immer mit bestimmten Förderperioden verbunden und in Kombination mit voriger Elternzeit und einem ziemlich klar vorgegebenen Reisezeitraum hat das einfach nicht gepasst.

Die Betreuung: Nimmt man die Unterstützung einer Uni in Anspruch, muss man erklären, warum das Kind mit auf Dienstreise muss. Aus rechtlicher Sicht ist ein Kind nur auf die Mutter angewiesen, solange es ein gewisses Alter unterschreitet und/oder gestillt wird (die entsprechende Regelung bei Vätern ist mir leider unbekannt). Obwohl beides auf meine Tochter nicht zutraf, war ich der Überzeugung, dass ein 18 Monate altes Kind nicht für 8 Wochen bei seinen Großeltern in Deutschland bleiben kann, die sonst nur ab und zu mal mit dem Kind gespielt haben. Bei meinem Partner konnte sie nicht mit, deshalb also bei mir. Ich konnte mir ebenso wenig vorstellen, dass sie in einem fremden Land von einer ihr unbekannten Person, womöglich ohne Deutschkenntnisse, betreut wird. Zu Hause nehmen wir uns Wochen für eine Kita-Eingewöhnung und im Ausland soll das dann von heute auf morgen gehen? So optimistisch war ich nicht. Also musste auch eine Betreuungsperson mit. Ich hatte das Glück, dass ich eine super flexible Betreuungsperson in zeitlicher und finanzieller Hinsicht zur Verfügung hatte, ohne die diese Reise nie stattgefunden hätte. Aber das kann man nicht immer voraussetzen.

Die Reise: Wir hatten Glück mit der Verbindung, sodass wir halbwegs sinnvoll den Schlaf so weit nach hinten schieben konnten, dass meine Tochter am nächsten Morgen schon halbwegs in der Ortszeit wach wurde. Alle haben mir gesagt, dass man vor Ort viel kaufen kann und z.B. ein Bett nicht mitnehmen muss. Die Empfehlung kann ich nur untermauern. Den Kindersitz mitzunehmen habe ich als gute Entscheidung empfunden, weil man so flexibel ist, in welches Taxi man einsteigt und beim Mietwagen nicht immer den Sitz dazubuchen muss. Bett, Hochstuhl und Kinderwagen haben wir tatsächlich vor Ort für wenig Geld in einem Supermarkt und einem Second-Hand-Laden gekauft. Wir sind donnerstags gelandet und Montag ging es erst los – einen Puffer zum Eingewöhnen für Kind und Betreuungsperson kann ich nur wärmstens empfehlen.

Mein Fazit für alle, die ihr Kleinkind mit ins Ausland nehmen wollen und/oder müssen: a) steht dafür ein, dass es kein privater Luxus ist, euer Kind und eine Betreuung mitzunehmen. Das Wohl des Kindes darf wichtiger sein als das, was irgendwer über die persönliche Priorisierung von Arbeit und Familie denken könnte (meist ist das ja eh nur im eigenen Kopf so); b) plant frühzeitig und stellt euch auf Rückschläge ein – das nimmt euch einfach den Stress zu einem großen Anteil. Am leichtesten macht ihr es euch, wenn ihr erst die feste Zusage für einen noch recht weit entfernten Zeitraum habt und dann die Finanzierung klärt. Einen Termin zu haben, bevor Zusage oder Finanzierung stehen, geht auch (siehe oben), ist aber deutlich unkomfortabler; c) bei längeren Aufenthalten irgendwo hält das Kind einen nicht vom Networken oder Arbeiten ab – im Gegenteil: in meiner Erfahrung findet man nochmal mehr Anknüpfungspunkte und hat ein ganz anderes Gefühl von zu Hause in der Fremde.

In Summe hat bisher alles super funktioniert und ich wurde von allen Seiten nur ermutigt und unterstützt. Ich weiß allerdings, dass das mehr Glück als Verstand war und würde jeder Person empfehlen, dem Glück zuvorzukommen. Ein riesiger Pluspunkt in dem ganzen Gemenge: Für Nervosität am ersten Tag war gar kein Gedanke frei und besser hätte er kaum laufen können. Am Ende hat alles sein Gutes.

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