Krankheit, Kranksein, Kinder

Eine Schulung in Gelassenheit

Mutter von drei Kindern (5, 7 und 9 Jahre), beide Eltern sind in der Wissenschaft

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Ja, die Krankheiten. Die summieren sich mit der Anzahl der Kids leider nicht auf, sondern potenzieren sich regelrecht, wie wir schnell gemerkt haben: Schließlich dehnt sich unsere gegenseitige Ansteckungsgruppe von einer (noch überschaubaren) Kitagruppe bei Kind Nr. 1 auf inzwischen drei verschiedene Kitagruppen und Schulklassen aus – jede wie es scheint ein ausgedehntes Ökosystem an Bakterien und Viren. Spätestens mit Kind Nr. 3 sind wir also in Kontakt mit allem, was gerade herumgeht. Im Herbst, Winter und Frühling gibt es so kaum eine Woche, in der alle ganz gesund sind – irgendwer schnieft oder hustet immer. Ich natürlich auch. Das Eindrucksvollste sind dabei wahrscheinlich die Magen-Darm-Grippen – sobald ein Familienmitglied angesteckt wurde, kann man schon mal allen die Schüssel neben das Bett stellen und die Termine für die nächste Woche absagen. Die Aussage „Mama/Papa, mir ist ein bisschen übel.“ ist somit eine der gefürchtetsten Schreckensmeldungen der kalten Jahreszeit; man hofft regelrecht, dass die Übelkeit durch unerlaubtes Eindringen in die Süßigkeitenschublade entstanden ist.

Also ja, Krankheiten sind so ein Thema. Sie sind aber auch ein Beispiel dafür, dass wissenschaftliches Arbeiten in mancher Hinsicht mit Kindern doch ganz gut vereinbar ist, zumindest im Vergleich zu vielen anderen Berufen. So sehr einiges am Wissenschaftssystem ärgert (Befristungen auch nach der Doktorarbeit, Unsicherheit, Mobilitätszwang, etc.), sie erlaubt in vielen Fällen eine – für Eltern fast schon luxuriöse – Flexibilität. Sei es die eigene Arbeitseinteilung, sei es spontanes Home-Office oder die Verlegung der Arbeitszeit auf den Abend oder in die Nacht. Natürlich gibt es auch bei der spontanen Einteilung Ausnahmen – Lehrveranstaltungen, wichtige In-Person-Meetings, etc. Aber da muss dann eben die*der Partner*in – oder das sonstige soziale Netzwerk – ran. Dass in solchen Situationen auch mal ein Termin abgesagt oder inoffizielle Deadlines nach hinten verlegt werden müssen, ist auch klar; bei uns ist das aber der wirklich allerletzte Notnagel, wenn alle anderen Optionen ausgeschöpft sind. Wenn ich in den meisten Wochen zwischen Oktober und April auf Grund kranker Kinder (wichtige) Termine ausfallen lassen würde, käme ich schnell vom Regen in die Traufe. 

Eine wichtige Regel für uns ist, dass die Kranke-Kinder-Betreuung zwischen den Partnern abgewechselt wird, abhängig von festen Terminen, die schwer abzusagen sind, und der momentanen Arbeitslast (wichtige nicht verschiebbare Deadlines, etc.). So gleicht sich der Arbeitsausfall insgesamt grob aus und es dreht nicht einer alleine völlig am Rad. Im Home-Office mit kranken Kindern ist man einfach doch wesentlich weniger effektiv. 

Am Ende sehe ich die kalte Jahreszeit aber in erster Linie als Schulung in Gelassenheit und mentaler Flexibilität; jeder Tag ist eine Überraschung. Wenn sich Meetings nicht absagen lassen, müssen die Gesprächspartner*innen eben damit klarkommen, dass im Video-Call kranke Kinder durch das Bild hüpfen. Und danach wird der PC auch mal abgestellt, wir trinken zusammen einen Tee („kann ich Saft, ich bin doch krank!“) und streiten uns in Decken gekuschelt darüber, wer denn jetzt als nächstes einen Film aussuchen darf.

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