Ende 2020 wurde ich Vater von Zwillingen. Nach dem Ende der Elternzeit war ich zunächst mit 100% der Arbeitszeit wieder eingestiegen, während meine Frau auf 75% reduziert hatte. Sie arbeitete jeden Tag bis etwa 15 Uhr und holte dann die Kinder aus der Kita ab. Ich kam nach der Arbeit dazu. Das funktionierte — wenn kein Kind krank wurde, kein Elternteil krank wurde, und wenn auch sonst nichts Größeres dazwischen kam. Kurz gesagt lief es oft eher schlecht als recht. Meist blieb am Tag viel liegen, ob Arbeit, Hausarbeit, oder Sonstiges, und die Nächte wurden noch kürzer, als sie das mit zwei kleinen Kindern ohnehin waren. Um uns Luft zum Atmen zu geben, entschieden wir, dass auch ich in Teilzeit gehe.. Ich reduzierte auf 80% und arbeite seitdem Montag bis Donnerstag, diese vier Tage dafür voll. Was immer liegen bleibt, erledigen wir nun am Freitag, ein paar Stunden Freizeit bleiben meist auch noch. Am Freitagnachmittag hole ich die Kinder aus der Kita und verbringe mit ihnen den Rest des Tages, während meine Frau Pause macht. Dann beginnt das Wochenende ohne lange To-Do-Liste, dafür mit einer ordentlichen Wohnung und zwei entspannten Eltern.
Dieses Modell ist nicht perfekt. Schöner fände ich es, wenn ich meine zusätzliche freie Zeit mehr mit meinen Kindern und weniger mit Hausarbeit verbrächte. Und ein Freitagnachmittag gleicht für meine Frau auch nur bedingt die stressige Woche aus. Aber: Es funktioniert für uns. Natürlich nur, weil meine Frau an vier Tagen der Woche die Kinder abholt und weil meine Chefin das Modell unterstützt. Anders als 6-Stunden-Tage, die dann eben doch oft 7 oder 7 1/2 Stunden lang werden, bleiben meine 0-Stunden-Freitage wirklich frei von Arbeit. Wir haben als Familie Zeit zur Verfügung, mit der wir auch planen können. Wir sind nicht mehr darauf angewiesen, dass alles funktioniert, sondern haben einen Puffer. Und wenn alles funktioniert, haben wir ein deutliches Plus an Lebensqualität. Das wollen wir nicht mehr missen: Zunächst war meine Reduktion auf ein Jahr begrenzt, vor Kurzem haben wir sie um ein weiteres Jahr verlängert.
Natürlich hat die Produktivität darunter gelitten, das habe ich bewusst in Kauf genommen. In vier Tagen lassen sich bei gleicher Gründlichkeit nicht so viele Studien durchführen und Manuskripte schreiben, wie an fünf, vielleicht nicht einmal 80% so viele. Das wird meine Chancen auf eine dauerhafte Zukunft in der Wissenschaft nicht verbessert haben. Auch finanziell macht es einen Unterschied, ob wir in Summe 175% oder 155% arbeiten. Es bleibt daher abzuwarten, ob wir dauerhaft bei dieser Konstellation bleiben werden. Für den Moment ist sie ein Weg, echte Teilzeit zu nehmen und die Verantwortung gleichmäßiger unter beiden Eltern zu verteilen.